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Pflegemutter nimmt Kinder in Not auf

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Jugendämter suchen ständig Pflegemütter für Kinder in Notsituationen. Bis zu drei Monate bleiben die Jungen und Mädchen dann in der Pflegefamilie. Eine Pflegemutter berichtet über ihren Alltag.

Die kleine Maria* liegt verschlafen in ihrem Kinderbettchen. Margit B.* nimmt das drei Monate alte Baby heraus und zieht ihm einen dicken, blauen Schneeanzug an. „So meine kleine Süße, wir gehen jetzt beide fein spazieren“, sagt sie lächelnd und trägt das Mädchen zum Kinderwagen im Flur.

Die kleine Maria lebt seit ihrem siebten Lebenstag bei der 51-jährigen Potsdamerin. Ihre leibliche Mutter ist wegen psychischer Probleme nicht in der Lage, das Kind zu betreuen. Margit B. ist Pflegemutter auf Abruf. Für den Pflegekinderdienst der Stadt ist sie rund um die Uhr erreichbar. Denn sie nimmt für die Behörde kurzfristig und vorübergehend Kinder in Notsituationen bei sich auf.

Die Gründe für die Unterbringung in der Pflegefamilie sind dabei unterschiedlich: Sie reichen vom Tod der Eltern bis zur Entziehung des Sorgerechtes. Weil Margit B. auch misshandelte Kinder aufnimmt, bei denen das Jugendamt zum Schutz der Kleinen eine Kontaktsperre zu den Eltern verhängt, will sie ihren Namen nicht öffentlich nennen.

Die 51-Jährige ist so gut wie auf jede Situation vorbereitet. Im Keller liegen verschiedene Auto-Kindersitze in unterschiedlichen Größen. Daneben stehen Kinderwagen für ein und zwei Kinder. „Dazu habe ich Kleidung für verschiedene Altersgruppen und Spielsachen für Jungen und Mädchen in der Wohnung“, erklärt die Mutter von drei leiblichen Kindern und einem Dauerpflegekind.

In ihrer Wohnung hat sie Platz für zwei Kinder im Alter bis zu acht Jahren. Meistens bekommt sie allerdings Säuglinge oder Kleinkinder vom Amt in Obhut gegeben. Nach einem Anruf des Jugendamtes geht es meistens sehr schnell. Margit B. holt dann die Kinder vor Ort ab. Sei es von den Eltern, aus dem Krankenhaus oder direkt vom Jugendamt.

In der neuen Umgebung lässt sie die Kleinen dann erst einmal zur Ruhe kommen. „Wichtig ist, die Kinder in der ersten Phase nicht zu bedrängen. Sie müssen ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit bekommen“, erklärt die gelernte Ingenieurin. Vor allem achtet sie auf den Gesundheitszustand der Kleinen. „Einige Kinder haben Läuse, Krätze oder sind unterernährt“, beschreibt sie. Die älteren Jungen und Mädchen werden dann direkt in den normalen Tagesablauf der Familie eingebunden. Viele der Kinder zeigten allerdings dabei erhebliche soziale Defizite. „Sie kennen keine Grenzen oder sind eigentlich selbstverständliche Dinge wie ein gemeinsames Essen oder einen geregelten Tagesablauf nicht gewohnt“, sagt Margit B.. Bis zu drei Monaten bleiben die Jungen und Mädchen in der Pflegefamilie.

In dieser Zeit werden den Eltern dann im Einzelfall verschiedene Hilfsangebote von Behördenseite aus gemacht. Das Ziel dieser Maßnahme sei immer, die Kinder zurück zu den Eltern zu geben. Ihr tun die Eltern, vor allem die Mütter teilweise leid. Dies seien zumeist junge Mütter Anfang 20. Viele von ihnen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung, sind ohne Job und sehen keine Perspektive. „Die sind dann mit einem Kind überfordert.“ Wenn sie allerdings unterernährte oder gar misshandelte Kinder aufnimmt, überkommt sie schon mal die Wut. Seit nunmehr neun Jahren ist Margit B. als Pflegemutter tätig. 42 Kinder hat sie seitdem in ihrer Familie aufgenommen. Dafür erhält sie vom Jugendamt eine kleine Aufwandsentschädigung und Pflegegeld, um die anfallenden Kosten zu decken. „Die Pflegekinder sind für mich wie eigene Kinder. Deshalb will ich das auch so lange machen, wie ich kann.“

* Name von der Redaktion geändert.

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