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Was ist davon zu halten, abends keine Kohlenhydrate mehr zu essen?

„Abends keine Kohlenhydrate!“ – dieser Ernährungstipp hält sich hartnäckig. Viele glauben, dass der Körper abends weniger Energie verbraucht und zugeführte Kohlenhydrate deshalb direkt in Fett umgewandelt werden. Wer also spät isst, nehme automatisch zu – so die weit verbreitete Annahme.

Doch was sagt die Forschung dazu? Und ist es wirklich entscheidend, wann wir essen – oder doch eher, was und wie viel?

Der Mythos vom Dickmacher-Zeitpunkt

Die Idee, dass abendliches Essen zu Gewichtszunahme führt, stammt aus Diätkonzepten der 1990er-Jahre. Sie basieren auf der Vorstellung, dass der Stoffwechsel am Abend herunterfährt und überschüssige Energie direkt gespeichert wird. Neuere Studien und Ernährungswissenschaftler widersprechen dieser Annahme: Entscheidend für das Körpergewicht ist nicht die Uhrzeit der Mahlzeit, sondern die gesamte Energiebilanz über den Tag.

Kohlenhydrate, die abends gegessen werden, werden vom Körper genauso verdaut und verwertet wie jene am Morgen oder Mittag. Der Insulinspiegel steigt nach jeder kohlenhydratreichen Mahlzeit – unabhängig vom Zeitpunkt. Wichtig bleibt: Wird dem Körper dauerhaft mehr Energie zugeführt, als er verbraucht, legt er Reserven an – unabhängig davon, ob die Mahlzeit abends oder mittags stattfindet.

Der individuelle Energiebedarf entscheidet

Jeder Mensch hat einen anderen Kalorienbedarf – abhängig von Alter, Geschlecht, Körperzusammensetzung und Aktivitätsniveau. Auch der Umgang mit Kohlenhydraten ist individuell: Sportlich aktive Menschen benötigen mehr Kohlenhydrate als Personen mit sitzender Lebensweise. Der richtige Zeitpunkt zur Deckung dieses Bedarfs ist zweitrangig.

Eine kohlenhydratreiche Mahlzeit am Abend kann sogar sinnvoll sein – zum Beispiel für Menschen, die abends trainieren oder spät nach Hause kommen. Auch die Schlafqualität kann profitieren: Studien zeigen, dass eine moderate Zufuhr von Kohlenhydraten am Abend den Serotoninspiegel erhöhen und die Einschlafzeit verkürzen kann.

Wann Vorsicht geboten ist

Trotzdem ist eine differenzierte Betrachtung sinnvoll. Wer abends zu viel isst – vor allem kalorienreiche Snacks vor dem Fernseher – läuft Gefahr, seinen täglichen Kalorienbedarf zu überschreiten. Das hat weniger mit der Uhrzeit zu tun als mit unbewusstem Essverhalten: Spätes Essen erfolgt oft zusätzlich zum regulären Tagesbedarf und ohne echten Hunger.

Zudem zeigen Beobachtungsstudien, dass Menschen, die spät und üppig essen, häufiger unter Verdauungsproblemen, Schlafstörungen oder Gewichtszunahme leiden. Ursache ist dabei meist das Essverhalten insgesamt – etwa das Auslassen des Frühstücks, Heißhungerattacken am Abend oder mangelnde Struktur beim Essen.

Frühstück bleibt wichtig

Ein häufiger Fehler: das Auslassen des Frühstücks in der Hoffnung, Kalorien zu sparen. Doch wer morgens zu wenig oder gar nichts isst, hat oft später am Tag stärkeren Appetit – mit dem Risiko, abends über den Hunger hinaus zu essen. Langfristig kann das zu einer unvorteilhaften Verteilung der Nährstoffe und einer instabilen Energiebilanz führen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt daher, den Tag mit einer ausgewogenen Mahlzeit zu beginnen und Mahlzeiten möglichst gleichmäßig über den Tag zu verteilen – inklusive moderatem Abendessen. Wer regelmäßig frühstückt, hat Studien zufolge ein geringeres Risiko für Übergewicht.

Nicht die Uhrzeit, sondern die Menge zählt

Ob man abends Kohlenhydrate isst oder nicht, entscheidet nicht über den Zeiger auf der Waage. Entscheidend bleibt die Gesamtbilanz: Wird mehr Energie aufgenommen als verbraucht, nimmt man zu – egal wann gegessen wird. Wer sich ausgewogen ernährt, seinen individuellen Bedarf kennt und bewusst isst, kann auch am Abend Brot, Pasta oder Reis genießen – ohne schlechtes Gewissen.

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