Je nach Beschaffenheit des Stängels müssen Sie das Messer anders ansetzen, um der Pflanze ein möglichst langes Leben zu bescheren. Die Technik variiert – mal fast gerade, mal raffiniert geschlitzt. Von der Methode unabhängig ist das Werkzeug: Benutzen Sie für Ihre Arbeit immer ein scharfes Messer mit glatter Klinge ohne Riffel. Sonst quetschen Sie die Leitungsbahnen im Stiel nur unnötig. Die Folge: ein stark reduzierter Flüssigkeitstransport.
Der genaue Blick an den Stängel verrät Ihnen die beste Art des Anschnitts. Ein weicher, krautiger Stiel wie etwa bei einer Amaryllis, Calla, Gerbera oder Tulpe kann fast gerade angeschnitten werden, denn diese Blumen nehmen über den gesamten Stängel Wasser auf.Alle zwei bis drei Tage sollten Sie erneut zum Messer greifen, der frische Anschnitt verbessert die Wasseraufnahme. Schleimabsondernde Arten wie Hyazinthen oder Narzissen werden genauso angeschnitten. Wenn Sie diese Blumen mit anderen in eine Vase stellen wollen, müssensie erst in Quarantäne: Nach dem Anschnitt 10 Minuten in ein extra Wasserbad stellen, sonst verklebt der Schleim die Leitungen der Nachbarblumen.
Den Stiel besonders empfindlicher Gewächse wie Alpenveilchen, Christrosen und Orchideen halten Sie während des geraden Abschneidens am besten unter Wasser. Das gewährleistet, dass die Schnittestelle sofort durchfeuchtet und kein Luftpfropfen die Bahnen verstopft.
Auch Pflanzen, die Milchsaft absondern (Wolfsmilchgewächse wie Ripeneuphorbie oder Weihnachtsstern) werden fast gerade abgeschnitten. Danach sind sie bereit für ihre Feuertaufe: Die Schnittfläche wird in die Flamme einer Kerze gehalten und etwa zehn Sekunden lang leicht angebrannt. Alternativ können Sie die unteren zwei bis drei Zentimeter des Stängels eine Minute lang in fast kochendes Wasser halten. Durch beide Methoden wird der Ausfluss des Saftes gestoppt, die abgetöteten Zellen des Stiels werden porös und saugen das Wasser auf wie ein Schwamm.
Harte Stängel wie Lilie, Nelke oder Rose brauchen ein langen schrägen Schnitt. Diese Blumen können nur über die Schnittstelle Wasser aufnehmen. Je größer diese Fläche ist, desto besser. Doch der lange, schräge Anschnitt ist bei dünnen Stielen nicht einfach. Häufigster Fehler: Das Messer und der Daumen werden am Stängel auf gleicher Höhe angesetzt. Besser ist es, den Daumen etwa zwei bis drei Zentimeter weiter unten anzulegen. So kann der Stiel nicht abknicken, und Sie setzen die Klinge automatisch richtig – nämlich sehr flach – an. Dann den rechten Arm seitlich vom Körper wegziehen. Wichtig: Während des Schneidens bleibt die Distanz zwischen Klinge und Daumen unverändert.
Flieder und Zaubernuss mit ihren verholzten Stielen mögen ebenfalls einen langen, schrägen Anschnitt. Wenn Sie die Zweige zusätzlich in der Mitte einschlitzen, klappt es mit der Wasserversorgung noch besser.