Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken, rückt das Zuhause stärker in den Mittelpunkt. Im Herbst und Winter wächst der Wunsch, sich einzukuscheln, Wärme und Geborgenheit zu spüren. Doch was genau macht Wohnräume gemütlich? Die Antwort liegt weniger im Zufall als in der bewussten Wahl von Farben, Materialien und Licht.
„Gemütlichkeit ist individuell. Was für den einen behaglich wirkt, kann für den anderen langweilig sein“, sagt Farbexpertin Hildegard Kalthegener aus Lorsch. Dennoch gibt es Gestaltungsprinzipien, die in nahezu jedem Zuhause für eine wohltuende Atmosphäre sorgen.
Dazu gehören warme, gedeckte Farbtöne – inspiriert von der Natur und dem Herbstlaub. Schattierungen von Gelb, Orange und Rot bringen Lebendigkeit in den Raum, während Grau-, Kaffee- und Nougatfarben für Ruhe sorgen. Wer es ausgewogen mag, setzt auf Akzente: „Tannengrün oder Petrol lassen sich gut mit cremigen Nuancen zwischen Milch und Honig kombinieren“, rät Kalthegener.
Aktuell ist auch die Farbe Ultra-Violett im Trend. Sie wirkt in Kombination mit Weiß, Oliv oder Senfgelb elegant und festlich, sollte aber sparsam eingesetzt werden. „Für Sofas oder Küchenfronten wäre ich vorsichtig“, sagt Kalthegener. „Violett entfaltet seine Wirkung am besten auf kleinen Flächen.“
Beliebt bleibt dagegen Messing – als Material und Farbton. Es harmoniert mit vielen Stilrichtungen und bringt eine subtile Wärme ins Ambiente, wie Trendforscherin Gabriela Kaiser aus Landsberg am Lech erklärt: „Messing reflektiert das Licht weich und schafft eine wohnliche Tiefe, ohne aufdringlich zu wirken.“
Stoffe, Kissen und natürliche Materialien
Neben der Farbe spielt das Material eine entscheidende Rolle. Stoffe verleihen Räumen Textur und Tiefe. In der dunklen Jahreszeit dürfen sie sichtbar werden – als Vorhänge, Plaids oder üppige Kissenlandschaften. „Kissenmeere sind weiterhin beliebt“, sagt Kaiser. Dabei geht es weniger um Einheitlichkeit als um Vielfalt: höchstens zwei gleiche Modelle, dazu unterschiedliche Muster, Strukturen und Größen.
Kombinationen aus Samt, Wolle oder Fell wirken lebendig und sinnlich zugleich. Ein flauschiges Lama-Kissen oder ein Bezug aus Webpelz kann einen optischen Akzent setzen. „Am schönsten wirken Deko-Elemente in ungerader Anzahl“, ergänzt Kaiser.
Auch bei Materialien zeigt sich ein klarer Trend: zurück zur Natur. „Leinen, Baumwolle, Filz, Samt oder Kord ersetzen zunehmend Kunstfasern“, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. Die Hinwendung zu Naturfasern sei nicht nur ein ästhetisches Phänomen, sondern auch Ausdruck von Nostalgie. „Viele verbinden diese Stoffe mit Kindheitserinnerungen – sie stehen für Vertrautheit und Beständigkeit.“
Kleine Details mit großer Wirkung
Für herbstliche Akzente eignen sich Naturmaterialien wie Holz, Keramik oder Treibholz. Sie bringen Struktur und Haptik ins Interieur. Besonders Keramiken wirken durch ihre weiche Oberfläche und gedeckten Töne beruhigend. „Felle sind nach wie vor gefragt – sie sehen gemütlich aus und wärmen zusätzlich“, so Kaiser.
Auch das Schichten von Textilien erzeugt optische Tiefe. Mehrere Decken über dem Sofa, kombiniert mit Kissen in ähnlichen Farbtönen, schaffen ein wohnliches Ensemble. Wichtig ist, dass Materialien harmonieren und sich in Farbton und Oberfläche ergänzen – so entsteht ein stimmiges Gesamtbild.
Stimmung durch Licht
Entscheidend für die Atmosphäre bleibt die Beleuchtung. „Schlechtes Licht ist immer ungemütlich“, sagt Geismann. Eine grelle Deckenleuchte lasse selbst ein warm eingerichtetes Zimmer kühl wirken. Stattdessen empfehlen sich mehrere Lichtquellen, die gezielt eingesetzt werden: Stehlampen, Tischleuchten oder tief hängende Pendelleuchten schaffen Zonen der Behaglichkeit.
Auch klassische Lichtquellen wie Kerzen erleben eine Renaissance. Trotz LED-Alternativen bleibt echtes Feuer ein Symbol für Ursprünglichkeit. „Kerzen sind ein Ur-Element – sie erzeugen Wärme, Bewegung und Lebendigkeit“, erklärt Trendanalystin Kaiser.
Laternen, Windlichter oder Teelichter sorgen für dezente Lichtpunkte, die Wände und Oberflächen sanft betonen. In Kombination mit metallischen Akzenten wie Messing oder Gold entsteht ein warmes Lichtspiel, das Räume tiefer und lebendiger wirken lässt.
Gemütlichkeit als Haltung
Am Ende ist Gemütlichkeit weniger ein Stil als eine Haltung: das bewusste Zusammenspiel von Farbe, Material und Licht. Wer natürliche Stoffe, warme Töne und weiche Beleuchtung kombiniert, schafft ein Zuhause, das den Übergang von Herbst zu Winter spürbar leichter macht – ein Ort, an dem es sich lohnt, zu bleiben.
