Autsch! Wenn wir uns stoßen oder durch eine falsche Bewegung einen Muskel zerren, merken wir das sofort. Als erste Reaktion auf diesen Schmerz fassen wir uns dahin, wo es wehtut. Mit der Hand reiben wir leicht über die verletzte Stelle, als wollten wir den Schmerz weg streicheln. Aber warum tun wir das? Und kann diese Berührung den Schmerz wirklich dämpfen?
„Ja“, sagt Line Löken von der Universität Göteborg in Schweden. Das sanfte Streichen über die Haut kann tatsächlich gegen Schmerzen helfen. Denn die Nervensignale, die durch diese sanfte Berührung ausgelöst werden, dämpfen die Schmerzsignale. Der Grund dafür: „Die Signale des Streichelns haben ihre eigene direkte Route ins Gehirn.“ Die langsamen, sich wiederholenden Berührungen würden nicht wie normale Tastreize weitergegeben, sondern wie ein bestimmter Typ von Schmerzreizen, erklärt die Forscherin. Und dadurch machten sie diesen Konkurrenz.
Die Leitung für die Streicheleinheiten besteht aus speziellen Nervenfasern, den sogenannten C-Fasern. Diese dünnen Nervenstränge leiten Signale aufgrund ihrer Bauart nur langsam. Die Enden dieser Fasern sitzen in allen behaarten Hautpartien des Körpers. Jede C-Faser sammelt die Signale aus etwa einem Quadratzentimeter Haut und gibt sie an das Gehirn weiter.
Stoßen wir uns, schlagen zuerst die Schmerzsensoren in der Haut Alarm. Dieses Schmerzsignal wird über zwei verschiedene Leitungen ans Gehirn gemeldet. Besonders schnelle Nervenfasern sorgen dafür, dass wir die Verletzung sofort bemerken – als stechenden Schmerz gleich zu Anfang. Diese schnelle Warnung ist wichtig. Dadurch können wir beispielsweise die Hand von einer heißen Herdplatte wegzuziehen, bevor noch Schlimmeres passiert. Oder wir reiben reflexartig mit der Hand über die Stelle, an der wir uns gestoßen haben.
Gleichzeitig werde das Schmerzsignal aber auch über die langsamere C-Faser ausgesendet, wie die Forscherin erklärt. Kommt das dann irgendwann im Gehirn an, erzeugt es den dumpfen nachklingenden Schmerz. Reiben wir uns nun mit der Hand über die schmerzende Stelle, werden über die gleiche Leitung auch die positiven „Streichelsignale“ gesendet. „Diese werden nicht geblockt, selbst wenn das Gehirn gleichzeitig Schmerzsignale von der gleichen Stelle empfängt“, sagt Löken. Stattdessen sei es umgekehrt: Die Streichelsignale blockierten den Schmerzreiz.
Das Wegstreicheln scheint übrigens am besten zu funktionieren, wenn wir uns selbst berühren. Das haben Forscher aus Großbritannien bei einem Test herausgefunden. Sie hatten ausprobiert, wie stark ein Hitzeschmerz am Finger empfunden wird, wenn die Testperson selbst ihre Hand berührt oder es ein anderer tat.
„Wie stark wir Schmerz empfinden, hängt nicht nur von den Signalen ab, die das Gehirn erreichen, sondern auch davon, wie das Gehirn diese Signale in sein Körperbild einfügt“, erklärt Patrick Haggard vom University College London. Die Selbstberührung helfe dem Gehirn offenbar dabei, die Informationen aus dem betroffenen Körperteil besser zuzuordnen. Und das wiederum scheine dazu beizutragen, den Schmerz bei Berührung zu dämpfen.