Wie wollen wir leben? Zumindest beim Mode-Shopping stellt sich die Frage schon lange nicht mehr. Immer mehr, immer schneller, heißt die Devise.
Modehändler wie H&M prägen das Konsumentenverhalten seit über 15 Jahren. Jede Woche kommt neue trendy Ware in die Läden, abgestimmt auf die Promi-News aus aller Welt, die sich online, in Zeitschriften und in der Werbung immer schneller drehen. Und günstig müssen die Klamotten sein, denn wer viel kaufen will, muss kalkulieren.
Das Ziel der Mode-Industrie ist nicht, dass eine Frau Mode für ihre individuelle Persönlichkeit findet, sondern dass sie aus dem vielfältigen Warenangebot das heraussucht, mit dem sie gut in die Zeit passt. Die Stilbildung liegt nicht beim Käufer, sondern bei den Designern und Marketingstrategen der Mode-Industrie. Vielleicht ist das auch gut so.
Warten bis zur nächsten Lkw-Lieferung
Vielleicht aber auch nicht. Wenn eine Frau (oder ein Mann) eine edle Jeans und ein zeitloses Oberteil sucht, um es länger zu tragen als bis zur nächsten Lkw-Lieferung, verhält sie sich nicht system-konform. Und das führt zu Konflikten: Entweder sie findet nicht das, was zu ihrem ICH passt. Oder sie trägt ihre ausgesuchte Kleidung stilvoll und nachhaltig, ohne dass die Kleidung darauf ausgerichtet ist.
60 Prozent der Kleidung bei H&M wird in asiatischen Billiglohn-Fabriken hergestellt und über den Seeweg nach Europa gebracht. Manche Baumwolle kommt aus Usbekistan, wo sie Kinder pflücken. Manches T-Shirt leidet unter zu hoher Schadstoffbelastung. Obwohl sich H&M nachweislich um Umweltschutz, Arbeitsbedingungen, Sauberkeit und Qualität bemüht – die Modeketten sind Opfer ihres eigenen Systems geworden.
Zara überholt H&M
In Deutschland ist H&M inzwischen von Zara umsatzmäßig überholt worden. Das spanische Unternehmen produziert zumindest zur Hälfte in europäischen Fabriken und hat einen Code of Conduct, um auf Umweltschutz und Qualität zu achten. Doch auch das schützt Zara nicht vor Systemmängeln: Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wurden im vergangenen Jahr sklavereiähnliche Arbeitsbedingungen bei einem Hersteller in Brasilien aufgedeckt.
Wir leben im Zeitalter des Anything Goes, was die Mode angeht. Man kann alles tragen, alles kombinieren. Nutzen wir die Chance: Kaufen wir teure Einzelstücke mit Nachhaltigkeits-Garantie und kombinieren sie mit Kleidung aus den Modeketten – nach unserem persönlichen Stil und Geschmack. So wollen wir leben.