Jeder hat schon einem in einem Wetterbericht den Begriff „Windchill“ oder „gefühlte Temperatur“ gehört. Damit soll berücksichtigt werden, dass bei starkem Wind die von einem Menschen gefühlte Temperatur niedriger sein kann als die tatsächliche Temperatur. So ist das eben: Rein physikalisch gibt es eine Temperatur, die sich mit einem Thermometer objektiv messen lässt. Mit den menschlichen Empfindungen ist es da schon sehr viel komplizierter.
Wenn die in der Nähe der Hautoberfläche befindliche wärme Luft von einem kalten Wind weggeblasen wird, dann kommt es zu einem stärkeren Wärmeverlust der Haut. Dieser Wärmestrom nach außen wird subjektiv als Kälte empfunden. So ist das mit der Biologie. Zahlreiche Forscher haben sich in den vergangenen 100 Jahren Gedanken darüber gemacht, wie man diesen Effekt objektiv erfassen kann.
Schon Hautcreme ändert Empfinden
Um es gleich zu sagen: Der Windchill-Effekt lässt sich nur näherungsweise beschreiben. Es gibt zu viele Parameter, die hier eine Rolle spielen. Bereits eine Hautcreme kann das Temperaturempfinden stark verändern. Es gibt eine genetisch verankerte Widerstandsfähigkeit gegenüber tiefen Temperaturen, und auch der geschlechtsspezifische Unterschied ist unübersehbar. Frauen frieren in aller Regel schneller als Männer.
So gibt es mittlerweile viele verschiedene Definitionen für die „gefühlte Temperatur“, die niemals alle Effekte berücksichtigen können. Das Modell des Deutschen Wetterdienstes geht beispielsweise vom „Klima-Michel“ aus, einem 35 Jahre alten und 1,75 Meter großen Mann mit einem Körpergewicht von 75 Kilogramm. Dieser Modell-Fröstler wird ein Energieumsatz von 172,5 Watt unterstellt, während er mit einer Geschwindigkeit von vier Kilometer pro Stunde im Freien spaziert.
Grobe Orientierung
Erkennen Sie sich in diesem Modell wieder? Wahrscheinlich nicht, und das verdeutlicht, dass die Windchill-Angaben immer nur als ganz grobe Orientierung gemeint sind. Viele Experten sind daher auch der Ansicht, dass man auf diese Zahlenangaben genauso gut verzichten kann. Im Gegensatz zu den USA und Kanada werden denn Windchill-Angaben hierzulande vergleichsweise selten gemacht.
Wenn Sie es aber trotzdem interessiert, können Sie jederzeit die aktuelle „gefühlte Temperatur“ selber ausrechnen. Es gibt nämlich eine relativ einfache Formel, in die sie nur die tatsächliche Temperatur (T) in Grad Celsius und die Windgeschwindigkeit (V) in Kilometer pro Stunde einsetzen müssen. Und schon erhalten Sie den Windchill (W) in Grad Celsius.
W = 13,12 + 0,6215 x T – 11,37 x V0,16 + 0,3965 x T x V0,16.
Ein Beispiel: Bei einer Temperatur von –5 Grad Celsius und einer Windgeschwindigkeit von 20 Kilometer pro Stunde beträgt die gefühlte Temperatur rund –12 Grad Celsius.