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Sport im Alter – ist das sinnvoll?

Marie-Luise Stöckel kann sich nicht beschweren. Ihre Wassergymnastik-Kurse sind immer randvoll belegt. Die Übungsleiterin beim Verein für Seniorensport in Aachen ist ständig von sportlich aktiven Rentnern umgeben. „Wer gut drauf ist, geht am Montagmorgen zum Schwimmen und nachmittags zum Tanztraining“, erzählt sie. Das sportliche Vereinsleben tobt die gesamte Woche über, hält die betagten Athleten körperlich und geistig fit. Obendrein ist es Balsam für die Psyche, denn die gemeinsamen Aktivitäten helfen gegen die Einsamkeit. Was für die sportlichen Aachener Senioren zum Alltag gehört, ist für viele ältere Menschen ein Horror. Sie treiben keinen Sport, weil sie Angst davor haben, sich zu überanstrengen oder sich einfach nicht überwinden können. Dabei ist Sport der beste Helfer, um Krankheiten vorzubeugen und Hürden des Alltags wie etwa das Treppensteigen besser zu bewältigen. Der Sportmediziner Klaus-Michael Braumann vom Institut für Sport- und Bewegungsmedizin Hamburg empfiehlt Älteren generell alle Ausdauer-Sportarten, bei denen sie sich mit geringer Intensität über einen längeren Zeitraum bewegen können. Dazu gehörten unter anderem Wandern, Walking, Schwimmen, Rudern und Skiwandern oder -langlauf. Weniger geeignet seien – zumindest für betagte Sport-Einsteiger – Disziplinen wie Tennis oder Fußball, bei denen man auf Bewegungen des Gegners reagieren muss. „Das macht zwar mehr Spaß, belastet aber den Bewegungsapparat“, warnt der Mediziner. Wer allerdings sein Leben lang Tennis gespielt habe, könne dies bedenkenlos auch im Alter tun. Vorsichtiger sollten Braumann zufolge Senioren sein, die erst spät ihre guten Vorsätze umsetzen und mit dem Sporttreiben beginnen. Anfänger neigen häufig zu Überbeanspruchung, die zu fatalen Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems führen können. Deshalb sei bei jahrelangen Sportmuffeln unbedingt vorher eine ärztliche Untersuchung nötig. Generell empfiehlt der Mediziner jedoch älteren Menschen dringend, sich zu bewegen. Sport wirke sich unter anderem positiv auf die Stoffwechselprozesse aus, beuge Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose vor und helfe bei Gelenkbeschwerden.

Zudem gebe es eindeutige Belege, dass sportliche Senioren auch geistig viel leistungsfähiger sind als ihre unbeweglichen Altersgenossen. „Es gibt eine Vielzahl von positiven Effekten“, sagt Braumann. Egal, für welche Sportart sich der aktive Rentner entschieden hat. Wichtig ist immer, die Sache zunächst langsam anzugehen und ganz allmählich zu steigern, um den Puls nicht zu sehr in die Höhe zu treiben. Ziel sollte nach Empfehlung Braumanns sein, sich dreimal wöchentlich 45 bis 60 Minuten moderat auszupowern. Ideal sei eine Kombination aus Ausdauersport und leichtem Krafttraining. Die meisten Senioren scheuten sich allerdings vor einer Anmeldung im Verein oder im Fitness-Studio. Wer allein trainiert, kann aber schnell Fehler machen. Deshalb rät der Sportmediziner, für die Anfangszeit einen Personal-Trainer zu engagieren. Der Profi könne den sportlichen Senioren individuell zeigen, wie Bewegungen richtig ausgeführt werden, ohne sich zu übernehmen. Oft ist es auch die Angst vor Verletzungen, die Ältere vom Sporttreiben abhält. Dies könne unter anderem durch effektives Auf- und Abwärmen verhindert werden, sagt der Sprecher der Barmer-Ersatzkasse in Wuppertal, Jochen Wollmert. Wie das richtig gemacht wird, sei in zahlreichen Büchern oder im Internet nachzulesen. Im Zweifelsfall hätten auch viele Ärzte die passenden Trainingsprogramme für ihre Patienten. Am besten sei es allerdings, wenn sich die Rentner einem Verein anschließen. Doch das tun immer noch zu wenige. „Im Alter wird man ein bisschen gemütlicher“, versucht Wollmert die weit verbreitete Bequemlichkeit zu erklären. Dabei sieht Stöckel die Vorteile, die der Sport im Alter mit sich bringt, fast täglich an den Mitgliedern ihres Vereins. „Sie gehen anders, sind viel flotter, können wieder fest zugreifen, stricken und sich die Schuhe selbst zubinden“, berichtet sie von den Fortschritten. Aber genau so wichtig wie der Körper ist die Psyche, die gestärkt wird. Stöckel bringt die mentalen Vorzüge des Seniorensports auf den Punkt. Sie sagt über die fitten Rentner: „Sie sind nicht mehr allein, sie sehen einfach schöner aus und – sie lächeln.“

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