Schlafmangel ist nicht nur für Manager und andere Vielbeschäftigte eine Berufskrankheit.
Wer jeden Tag zwölf Stunden ackert und dann noch sportlichen und familiären Verpflichtungen nachkommen muss, bei dem kommt die Bettruhe automatisch zu kurz. Wenn dann noch Ein- und Durchschlafstörungen hinzukommen, drohen ernste Konsequenzen. Die gesundheitlichen Folgeschäden durch Schlafstörungen werden häufig unterschätzt.
Schätzungen zufolge sind zwischen 5 und 16 Millionen Menschen betroffen. Warnsignale können starke Tagesmüdigkeit oder Schnarchen sein. Vielfach steckt aber Stress dahinter: Ärger mit dem Chef oder wichtige Meetings können Berufstätige mental ins Bett begleiten und ihnen schlaflose Nächte bereiten.
Langfristig drohen Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gegenüber Kollegen und der Familie reagieren chronisch Müde gereizt. Auch Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit sinken, man fühlt sich den beruflichen Aufgaben nicht mehr gewachsen. Das erhöht wiederum den Stress.
Um dem entgegenzuwirken, sollte man sein Leben ändern – etwa die Arbeitszeit besser einteilen und eine ausgiebige Siesta halten. Doch so flexibel sind die wenigsten Berufstätigen.
Dabei ist es normal, dass die Leistungskurve nach ein paar Stunden vorübergehend abfällt. Dennoch reichen die Mittagspausen heute gerade mal für einen Besuch in der Kantine. Für Entspannung oder gar einen Mittagsschlaf bleibt keine Zeit. Stattdessen halten sich viele mit übermäßig viel Kaffee, Nikotin oder anderen Aufputschmitteln wach. Der Stress bleibt so den ganzen Tag auf einem hohen Niveau und wird in den Feierabend mitgenommen. Viele machen dann den Fehler und bauen die Anspannung mit Alkohol ab.
Gegen eine Flasche Bier oder ein Gläschen Wein sei zwar nichts einzuwenden. Mehr davon wirke dagegen kontraproduktiv: Alkohol hilft nur beim Einschlafen. Die Tiefschlafphasen zerstört er aber.
Besser lässt sich der Stress mit Bewegung abbauen, etwa einem entspannten Waldlauf nach der Arbeit. So werden die Stresshormone am effektivsten abgebaut. Dies reduziert die benötigte Einschlafzeit erheblich. Darüber hinaus empfiehlt sich ein geregelter Tagesrhythmus, also regelmäßige Essenszeiten einhalten und zu festen Uhrzeiten ins Bett gehen beziehungsweise aufstehen.
Wer noch nicht müde ist, braucht sich allerdings nicht ins Schlafzimmer zu quälen. Man sollte sich nur ins Bett legen, wenn man auch wirklich müde ist. Viele „chronifizierten“ ihre Schlafstörung, indem sie aus Rücksicht auf ihr Schlafbedürfnis besonders früh zu Bett gingen, sich dann aber stundenlang hin und her wälzten.
Das Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Sechs bis acht Stunden sollten es in der Regel sein. Manche fühlten sich aber auch nach fünf Stunden schon ausgeruht.
Mit ein, zwei mal Ausschlafen am Wochenende lässt sich ein Schlafdefizit dagegen nicht ausgleichen. Das stört den Biorhythmus und macht sich in der folgenden Arbeitswoche bemerkbar. Gerade wer am Wochenende die Nacht zum Tag macht und bis in den Nachmittag hinein schläft, lernt den berühmten blauen Montag kennen.
Wer über mehrere Wochen Probleme mit dem Schlafen hat, sollte einen Spezialisten aufsuchen. Schlaflabore bieten Kurse an, in denen man eine Menge über die Voraussetzungen für erholsame Nächte lernen kann.
Sollmaß für Schlafdauer gibt es nicht
Acht Stunden Schlaf gelten gemeinhin als ideal, um fit und ausgeruht in den nächsten Tag starten zu können.
Schlafforscher bewerten diese Richtlinie aber als überholt. „Es gibt kein Sollmaß, was die optimale Länge der Schlafenszeit betrifft“, sagt Dieter Kunz, Experte für Chronobiologie bei der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) und Chefarzt der Abteilung für Schlafmedizin am Berliner St.-Hedwig-Krankenhaus.
Vielmehr variiere das individuelle Schlafbedürfnis von Mensch zu Mensch. Der eine benötigt zehn Stunden pro Tag, der andere fühlt sich schon nach vier oder fünf Stunden bestens erholt. Ähnlich ist es bei der Vorliebe für frühes beziehungsweise spätes Aufstehen. Auch zeitliche Verschiebungen nach vorne oder hinten sind Kunz zufolge in Ordnung, so lange man das nötige Schlafpensum insgesamt einhält. Wer jedoch über längere Zeit deutlich später einschläft oder früher aufwacht als gewohnt und dadurch an Schlafmangel leidet, sollte einen Arzt oder ein Schlaflabor aufsuchen. Dann könnte eine Schlafstörung die Ursache sein, die das Risiko ernster Erkrankungen erhöht.
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